Chatbot Bard: So will Google zurückchatten (2024)

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Google kündigt nun auch einen Chatbot an. Damit zieht der Alphabet-Konzern nach, wo ChatGPT vorgeprescht ist. Was soll der Chatbot Bard können?

Von Jakob von Lindern und Meike Laaff

Chatbot Bard: So will Google zurückchatten (1)

Als die Firma OpenAI vor zwei Monaten ihren Chatbot ChatGPT veröffentlichte, sah der Google-Konzern auf einmal ziemlich alt aus: Das Unternehmen forschte zwar schon seit Jahren an ganz ähnlichen Modellen, hatte aber noch nichts dergleichen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Nun zieht Google nach: Die Firma hat am Dienstag die Veröffentlichung ihres eigenen Chatbots Bard angekündigt. Was genau steckt dahinter, wann wird man Zugriff darauf haben – und wie gut schlägt er sich im Vergleich zu ChatGPT?

Kann ich Googles Chatbot ausprobieren?

Das geht derzeit noch nicht. Bard wird der breiteren Öffentlichkeit erst "in den kommenden Wochen" zur Verfügung gestellt werden, schreibt Google. Bis dahin soll das System erst einmal nur für "vertrauenswürdige Prüfer" zugänglich sein. Wir müssen vorerst mit dem Wenigen vorliebnehmen, was über den Bot bereits bekannt ist und was Google ankündigt.

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Was soll Googles Chatbot können?

Die Benutzerin schreibt etwas, der Bot antwortet, reagiert auf Nachfragen und führt Befehle aus. Das ist offenbar ganz allgemein die Funktionsweise von Bard. Es ist ein "experimenteller Konversations-KI-Service", so schreibt es Alphabet-Geschäftsführer Sundar Pichai in einem Blogpost.

In einem Demovideo wird der Bot gefragt, welche Entdeckungen des James-Webb-Teleskops man mit einem Neunjährigen besprechen könnte. Der Bot antwortet unter anderem, dass vor Kurzem eine Gruppe Galaxien entdeckt wurde, die den Spitznamen "grüne Erbsen" trägt. Man könne den Bot auch bitten, zwei oscarnominierte Filme zu vergleichen oder Tipps zu geben, wie man für Freunde eine Baby-Shower-Party schmeißt.

Das alles erinnert an ChatGPT, den Bot der Firma OpenAI, der seit Ende vergangenen Jahres einen regelrechten Hype ausgelöst hat.

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Wie unterscheidet sich Googles Chatbot von ChatGPT?

Auf den ersten Blick sehen die Chatbots ähnlich aus: Nutzerinnen geben ihre Fragen in eine Webmaske ein und bekommen Antworten als Text ausgespuckt. Wie sich das im Detail unterscheidet, ist bislang schwer zu sagen. Ob Bard wie ChatGPT programmieren und Kochrezepte im Stil von Rappern von sich geben kann, muss sich erst noch zeigen.

Das steht allerdings zu vermuten, denn technisch gesehen ähneln sich die Bots durchaus. Zumindest in ihrer allgemeinen Funktionsweise: Künstliche neuronale Netze analysieren riesige Mengen Text und erkennen, welche Wörter häufig zusammen vorkommen. So können sie später vorhersagen, welches Wort mit großer Wahrscheinlichkeit als Nächstes in einem Satz vorkommt – und produzieren so plausibel klingenden Text.

Fachleute nennen diese Systeme Large Language Models, große Sprachmodelle. Googles Modell trägt den Namen LaMDA, Bard soll auf einer abgespeckten Version davon beruhen. Eine Technologie, die für solche Systeme grundlegend ist, hat Google im Jahr 2017 unter dem Namen Transformer vorgestellt: eine für Textanalyse besonders gut geeignete Variante des maschinellen Lernens. Auch ChatGPT basiert darauf, das "T" in GPT steht für Transformer.

Das heißt aber nicht, dass ChatGPT und Bard genau gleich sind. Ihre Trainingsdaten unterscheiden sich und im Detail sicherlich auch ihre Architektur. Außerdem soll Googles Bot laut Pichais Ankündigung auf das Internet zugreifen können. Das würde seine Informationen aktueller machen und ihn von ChatGPT unterscheiden – denn das Programm von OpenAI wurde mit nicht ganz aktuellen Daten trainiert und greift derzeit nicht auf Onlineinformationen zurück.

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Ist Googles Chatbot besser als ChatGPT?

Ehrlicherweise muss man sagen: Bevor Bard öffentlich zugänglich ist, lässt sich dazu noch wenig Belastbares sagen. Das britische Magazin Economist verglich in einem Experiment die Antworten von ChatGPT mit einem "noch zu veröffentlichenden Chatbot" von Google – es dürfte sich dabei um Bard handeln. Das Ergebnis auf Basis einiger Fragen zu Mathematik, Textverständnis und Dating-Ratschlägen: Weder die KI von Google noch die von OpenAI zeigte deutlich überlegene Ergebnisse.

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Sagt Bard immer die Wahrheit?

Es ist zumindest offenbar Googles Ziel, dass man sich auf seinen Chatbot verlassen kann – so zumindest liest sich der Blogeintrag des Unternehmens. Doch das klingt einfacher, als es ist: Sprachmodelle erzeugen Text, der plausibel klingt – aber nicht zwangsläufig richtig ist. Der Konkurrenz-Bot ChatGPT baut immer wieder falsche Informationen in seine Antworten ein.

Google behauptet nun, Bard strebe an, die "Breite des Wissens der Welt" mit der "Kraft, Intelligenz und Kreativität unserer großen Sprachmodelle" zu kombinieren. Der Bot soll auf Informationen aus dem Web zugreifen können. Soll wohl heißen: Er googelt die Informationen, die er in die Texte einbauen will.

Diese Idee ist naheliegend, aber nicht einfach umzusetzen. Das zeigen andere Versuche: Es gibt eine Erweiterung für ChatGPT, die das Web durchsuchen kann. Das funktioniert, der Bot zeigt dann Quellen zu einer bestimmten Frage an, die Wahrheit kommt dabei aber nicht immer heraus. Ob Google das besser macht, müssen Tests zeigen.

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Ändert sich durch die jetzigen Ankündigungen die Google-Suche?

Das ist wahrscheinlich. Alphabet-CEO Pichai kündigte an, dass Google neue KI-Features in seine Suchergebnisse integrieren möchte. Auch das erinnert an die Konkurrenz: Microsoft hat Milliarden in OpenAI investiert und plant offenbar, ChatGPT zum Beispiel in seine Suchmaschine Bing zu integrieren.

Google zeigt in einem Beispielbild, wie über der gewohnten Google-Suche zwei Absätze Fließtext erscheinen, die eine abwägende Antwort auf die Frage liefern, ob es einfacher ist, Klavier oder Gitarre zu lernen. Komplexe Informationen und verschiedene Perspektiven zu solchen Antworten zu synthetisieren, so will Google seinen Nutzerinnen stundenlange Recherchen ersparen. Die Suchmaschine soll besser darin werden, Fragen zu beantworten, auf die es nicht eine einzige korrekte Antwort gibt.

Dass Google künstliche Intelligenz einsetzt, um seine Suche zu verbessern, ist nicht neu. Nicht immer funktioniert das reibungslos – zuletzt häufen sich Beschwerden, die Suche werde eher schlechter.

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Wie verdient Google mit Bard Geld?

Vor der Veröffentlichung naturgemäß noch gar nicht. Allerdings dürfte die Frage, wie das in Zukunft möglich sein wird, die Verantwortlichen bei Google umtreiben. Medienberichten zufolge hat die Veröffentlichung von ChatGPT das Management von Google alarmiert: Die Chefetage soll noch im Dezember 2022, wenige Wochen nach Veröffentlichung von ChatGPT durch OpenAI, eine Art Feueralarm ausgegeben haben, weil man das bis heute wichtigste Geschäftsfeld des Alphabet-Konzerns in Gefahr sah: die Suche.

Denn über Jahrzehnte hinweg hat sich etabliert, dass Google für Millionen Menschen weltweit der erste Anlaufpunkt ist, der ins Internet führt – nicht umsonst ist der Firmenname zum Verb für Websuche geworden. Ein funktionierender Chatbot könnte Googles Position als Portal ins Internet aber infrage stellen, indem er einen anderen, noch bequemeren Einstieg ins Netz ermöglicht.

Für Google wäre das eine Bedrohung – und umso ärgerlicher, da Google bei der Forschung zu künstlicher Intelligenz vorne mitmischt. Bisher hat es sein Sprachmodell aber zurückhaltender behandelt als OpenAI. Hinter dem Hype um ChatGPT dürfte auch stecken, dass nicht nur die Fachwelt, sondern jeder ausprobieren konnte, wozu Chatbots derzeit in der Lage sind und worin auch ihre Begrenzungen noch bestehen.

Andererseits gibt es eine Reihe von Überlegungen, aus denen heraus Google wohl in der Vergangenheit zögerlich agiert haben könnte. Neben anderen, die auch Sicherheit und ethische Überlegungen rund um KI berühren (siehe unten), gibt es eine unternehmerische, die immer wieder genannt wird: Chatbots statt Suchtrefferlisten machen es schwieriger, Werbung zu platzieren. Doch genau diese Anzeigen bei Websuchen machen noch immer einen Großteil der Einnahmen des Alphabet-Konzerns aus.

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Hatte Google nicht schon eine KI mit Bewusstsein veröffentlicht?

Richtig ist: Es gab im vergangenen Sommer eine solche Diskussion um LaMDA (Language Model for Dialogue Applications), Googles Sprachmodell. Angestoßen von einem Alphabet-Mitarbeiter war die Frage aufgetaucht, ob die KI über Gefühle oder gar ein Bewusstsein verfüge. Diese Frage hat unter Forschern für Streit gesorgt. Zumindest als Chatbot, der einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung steht, ist LaMDA bis heute nicht veröffentlicht worden.

Der jetzt angekündigte Google-Chatbot Bard wird laut CEO Pichai eine kleinere Version des mächtigen KI-Modells LaMDA nutzen – womit Bard etwa Rechenpower sparen können soll.

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